Die Feier der Grundsteinlegung zum Denkmal für Kaiser Friedrich in Dahl an der Volme.
Dahl, den 15. Juni 1888.
Eine erhebende würdige Feier, war es zu welcher heute, am Todestage des leider allzu früh uns entrissenen Kaisers Friedrich, auf einem der herrlichen Berggipfel in unmittelbarer Nähe unseres idyllisch gelegenen Dörfchen, dessen Bewohner und zahlreiche Verehrer des großen Toten aus nähe rer und weiterer
Umgebung sich zusammengefunden hatten. Handelte es sich doch darum, den Grundstein zu legen zu einem Denkmal, welches die patriotische Bürgerschaft von Dahl dem großen Kaiserlichen Dulder, dem Liebling des deutschen Volkes zu errichten beschlossen hatte. Unser sonst so stilles Dörfchen hatte an diesem der Errichtung an den unvergesslichen Herrscher geweihten Tage ein ganz anderes Aussehen gewonnen. Fahnen und Flaggen in großer Zahl zierten die Häuser, Laubgewinde und Kränze waren überall angebracht und dienten dazu den äußeren Schmuck zu vollenden. Bald nach 4 Uhr nachmittags bewegten sich in langem Zug vorauf der Kriegs-verein mit der Fahne, sodann die hiesigen Turnvereine, die Teilnehmer des Festes zum Denkmal-platz, dem herrlichen gelegenen eine wunderbar schöne Aussicht darbietenden sog. Niederwald. Auf dem sich jetzt kahlen Plateau, welches demnächst in hübschen Anlagen verwandelt werden soll, waren bereits viele Hunderte von Menschen versammelt, welche gekommen waren, der Feier beizuwohnen. Die letztere wurde eröffnet mit einem Vortrage des Hagener Männergesangvereins der in liebenswürdiger Weise sich bereit erklärte, bei der Feier mitzuwirken. Darauf bestieg Herr Hugo Kruskopf aus Dortmund,Mitglied des Denkmals – Komitees die Rednertribüne um in langer Ansprache die Bedeutung der heutigen Feier darzulegen. Die Rede lautete etwa wie folgt.
Im Namen des Komitees zur Errichtung eines Kaiser Friedrich Denkmals in der Gemeinde Dahl heiße ich Sie heute an dieser Stelle herzlich willkommen. Aber nicht nur meinen Willkommensgruß will ich Ihnen entbieten, sondern auch meinen herzlichen Dank namentlich diejenigen die zu uns gekommen sind um durch ihre Mitwirkung die Freude des Tages zu erhöhen. Ich danke dem Herrn Amtmann Neuhaus für sein Erscheinen, besonders aber dem Hagener Männergesangverein der in so liebenswürdiger Weise zur Erhöhung der Feier beiträgt, dann aber auch dem Festkomitee, dass die Vorbereitungen für den heutigen Tag getroffen. Sie werden von mir nicht verlangen, dass ich an dieser Stelle die Verdienste des Kaisers Friedrich die er sich um das deutsche Vaterland erworben, noch seine Charaktereigenschaften eingehend beleuchte dazu fehlt mir die Gabe der Rede, dann aber auch hat die Geschichte über ihn noch nicht abgeschlossen und wenn es wahr ist, dass die Weltgeschichte das Weltgericht bedeutet, dann wird er unter den hochherzigen Fürsten, die die Geschichte kennt, den ersten Rang einnehmen. Für uns steht das Eine schon heute fest, dass sein Andenken vom Strom der Zeit nicht in die Vergessenheit hinab gezogen wird. Ich möchte am heutigen Tage nur sein Leben vom rein menschlichen Standpunkt betrachten wie in es seinen Schicksalen uns entgegentritt. Wenn ich früher als Knabe die Berge durchstrich und auf meinen Zügen den Hochwald betrat,
dann überkam mich immer ein Gefühl der Andacht unter dem Laubdach der hoch-aufragenden Bäume. Aber das Gefühl der Andacht verwandelte sich in Wehmut wenn ich unter Arten des Waldes vereinzelt Stämme fand die vom Sturm entwurzelt, vom Blitz getroffen, oder ohne äußere Erkennung dahin starben und als ich dann später ins Leben eintrat da stand ich dieselben Erscheinungen in den Schicksalen der Menschen wieder. Und wenn ich mich dann fragte, wie kommt es, dass es diese einzelnen Stämme getroffen die aus der Gemeinsamkeit alles Lebens herausgerissen, dann hatte ich nur die eine Antwort, dass ist das Verhängnis, wens trifft den triffst. Verehrte Anwesende. Die letzten geschichtlichen Ereignisse sind noch zu lebhaft in Ihrer aller Gedächtnis, als dass ich sie Ihnen in großen Zügen vorzuführen nötig hätte. Und doch muss ich einzelnes herausgreifen. Als vor etwa mehr, als 30 Jahren der Prinzregent von Preußen unser einmaliger Kaiser Wilhelm 1. den Thron bestieg, da ahnte keiner von uns und er selbst nicht, dass die letzte Periode seines Lebens uns solche welterschütternde Ereignisse wie sie sich zugetragen an unseren Augen vorüber führen würde. Im Kampfe mit der Volksvertretung um die verfassungsmäßigen Rechte hatte ein tiefes Misstrauen im Volke gegen seine Regierung Platz ergriffen, die nach den Kämpfen von 64 und 66 sich dieses Misstrauen in Vertrauen verwandelte und als 70 / 71 die Kaiserkrone aus den blutigen Kämpfen gegen Frankreich als Siegerpreis hervorging, da verwandelte sich dies Vertrauen in Begeisterung und
Verehrung für den großen Kaiser Wilhelm. Und während dieser Zeit, da sehen wir wie ein gütiges Geschick ihm zur Seite, alle seine Handlungen von großen Erfolgen begleitet sind. Und als sein Leben, welches bis an die äußerliche Grenze des Irdischen sich ausdehnte, wie der Schlussakkord einer unvergleichlichen Symphonie erklang da konnte man sagen, daß sein Leben in der Geschichte der Menschheit beispiellosen Weise begünstigt war. Wir sehen wie in seinem Alter, in welchen im gewöhnlichen Leben der Mensch sich danach sehnt, den Rest des Tages in Ruhe zu verleben, sich im Kampfe aufdrängen die nicht in seiner Absicht lagen, sich Erfolg auf Erfolg auftürmten die er nie beabsichtigte. Und selbst gestand er immer demutsvoll ein wie sichtbar das Schicksal sein Wirken begünstigte. Und dieses selbe Schicksal verlangte seinem berufenen Nachfolger, der sich so sehr durch seine Geburt, als wie durch die hohen Eigenschaften seines Geistes und körperlichen Vorzüge zu seinem hohen Posten berufen schien. Alles das, was er seinem Vorgänger in hohem Maße und freiwillig zugestanden hatte. Als ruhmreicher Feldherr aus den Kämpfen zurückgekehrt,gewährte ihm der kriegerische Ruhm keine Befriedigung denn sein menschliches Empfinden sträubte sich gegen die Blutarbeit des Krieges, und in der weiteren friedlichen Entwicklung des Vaterlandes wurde ihm sein Platz eingeräumt an, welchen er die hohen Eigenschaften seines Geistes hätte verwerten können. In dem Theater, daß die Welt bedeutet und wo es bestimmt war die Stücke auszuschreiben und die Rollen zu verteilen, war ihm der Weg zur Bühne verlegt und musste er im Zuschauerraum still beiseite stehen, und nicht einmal war es ihm vergönnt seinen Beifall oder Tadel zu den vor seinen Augen stattfindenden Ausführungen auszudrücken. Und als er dann den Thron bestieg, hatte ihm dieses gleiche Geschick, anstatt einer langen
segensreichen Regierung einen qualvollen Tod zugedacht, der in dreifacher Hinsicht qualvoll zu nennen ist, da er ihm namenlose körperliche Schmerzen auferlegte die er mit dem vollen Bewusstsein trug, dass ihm der Tod die Ausführung seiner Pläne und Absichten unmöglich machte, dann aber und das war jedenfalls das schmerzlichste in diesem Bewusstsein, dass ein Teil des deutschen Volkes ihn dadurch zu kränken suchte, dass es in der schmachvollen Weise seine Gemahlin verunglimpflichen, die in unvergleichlicher Treue und Liebe ihm zur Seite stand. Lassen Sie mich den Schleier über diese letzte Episode seines Lebens decken und ich möchte wünschen, dass auch die Geschichte über diese Vorgänge ihren Schleier decken könnte, wie sie sich schmachvoller in dem Leben eines Volkes noch nicht zugetragen haben. Heute sind es gerade 2 Jahre, dass er in die Ewigkeit hinüber ging, um nachzusehen ob es wahr sei, was den Pilger freute. Ob noch jenseits ein Gedanke sei, ob die Tugend übers Grab geleite. Ob es mehr denn eilte Phantasie. Nun enthüllt sind ihm die Rätsel, alle Wahrheit schlürft sein hochentzückter Geist. Wahrheit die in tausendfachem Strahle von des großen Vaters Kelche
fleugt. Und als man ihn denn in seinen Sarg legte da sargte man eine Fülle von Hoffnungen und Wünschen mit ihm ein. Was wir an ihm verloren haben, darüber liegt eine Äußerung die von berufener Seite erfolgte, von der man es am wenigsten hätte erwarten können Zeugnis ab die nach den Zeitungsberichten folgendermaßen lautet. Er war ein höchstmerkwürdiger und achtenswerter Mann, äußerst liebenswürdig, ausgesucht freundlich und dabei hochintelligent, von klarem Blick, wohl unterrichtet und resolut, er wusste genau was er wollte und sein Entschluss, wenn einmal gefasst, war unabänderlich. Hätte er gelebt, er würde als Kaiser die Welt durch Kraft seiner Regierung überrascht haben. Er war ein echter Hohenzoller mit den besten Eigenschaften und glänzenden Vorzügen. Sein Mut war heroisch er war jeder Zoll ein Kaiser bis an sein Ende. Als man damals an die Denkmalfrage herantrat, da wurde die selbe von einer bestimmten Seite aus als eine politische Demonstration einer Partei hingestellt. Gegen wen sollten wir denn demonstrieren. Daß wir durch die Errichtung des Denkmals für Kaiser Friedrich demonstrierten, wer will uns daraus einen Vorwurf machen. Wir haben nie um die Gunst der Mächtigen gebuhlt, aber dass wir einen Fürsten den wir doch hoch verehrten, unsere Hochachtung entgegenbringen, lassen wir uns nimmermehr verwehren. Mögen auch die politischen Meinungen noch so weit auseinander gehen, eins steht auch für uns über alles erhaben, das ist der Gedanke an Kaiser und Reich.
Nach einem weiteren Vortrage des Hagener Männergesangvereins verlas dann Lehrer König die Denkschrift, welche in den Grundstein versenkt werden soll. Es wird in dieser Denkschrift ausführlich geschildert, wie der Gedanke des Denkmals Errichtung entstanden und sogleich in der gesamten Bürgerschaft freudig Aufnahme gefunden, wie dann mannigfache bei der Ausführung hervortretende Schwierigkeiten überwunden werden mussten und wie namentlich die Platzfrage erst nach wiederholten Erörterungen und örtlichen Besichtigungen zur allseitigen Zufriedenheit ihre Erledigung fand. Die Sammlungen haben bisher einen Fonds von ca. 5000,- Mark ergeben und hofft das Komitee bezüglich der noch darüber hinaus erforderlichen geringen Summe auf das bereitwillige Entgegenkommen der hiesigen Bürgerschaft und sonstigen Denkmalfreunde.
Das Denkmal soll eine Höhe von 4 Metern haben. Der Sockel wird aus silbergrauem belgischem und das Postament aus glattem schwarzen besten schwedischen Granit von der Firma Richter und Prein hergestellt werden. Auf dem Postament thront dann die Bega’sche kolossal Büste Kaiser Friedrichs ( 1,25 Meter hoch.) die ihre Herstellung in der Gladbeckschen Kunstgießerei in Berlin findet. Die Inschrift der Vorderseite wird in großen, weiten leuchtenden Goldlettern lauten.
Friedrich 3. Deutscher Kaiser März – 15. Juni 1888.Auf der rechten Seite wird der Denkmalbesucher die Devise des hohen Entschlafenen erblicken furchtlos und beharrlich vorwärts.Die Inschrift zur linken Seite aber wird die denkwürdigen Worte des hohen Dulders, die er in schwerer Krankheit sprach verewigen. Lerne leiden ohne zu klagen. Die Rückseite wird mit einem Passus aus Kaiser Friedrichs Aufruf. An mein Volk enthalten der des Wollen und Vorhaben des Kaisers charakterisieren soll und also lautet. Unbekümmert um den Glanz ruhmbringender Großtaten, werde ich zufrieden sein, wenn der einst von meiner Regierung gesagt wird sie sei meinem Lande nützlich und dem Reich ein Segen gewesen. dem Denkstein wurde in einer Flasche verkorkt und versiegelt gelegt.
1.) die Denkschrift.
2.) eine Broschüre über das Leben Kaiser Friedrichs.
3.) ein 2 und 5 Markstück mit dem Bildnisse Kaiser Friedrichs.
4.) mehrere Zeitungen, die das Hinscheiden des Kaisers behandelten.
5.) sein Aufruf. An mein Volk.
6.) der Erlass an den Reichskanzler. Nachdem hierauf der Hagener Männergesangverein noch ein drittes Lied gesungen, nahm Herr Amtmann Neuhaus aus Breckerfeld das Wort zu folgender Ansprache.
Hochgeehrte Festversammlung. Von meinem Herren Vorredner ist in treffender und ergreifender Weise ein kurzer Lebenslauf der verstorbenen beiden Heldenkaiser entrollt. Die schmerzvolle Zeit, die uns durch das Ableben dieser beiden Heldengestalten bereitet ist, wir haben sie mit Gottes Hülfe glücklich überstanden, unsere Kraft und unser kämpfen darf aber nicht der Vergangenheit geweiht sein, nein, sie gehört der Gegenwart und Zukunft an, und wenn auch die ersten beiden Kaiser in die Gunst hinabgestiegen sind, so ist in dem jugendlichen Herrscher Wilhelm 2. ein neuer Same aufgegangen, der uns den Verlust der beiden Kaiser leichter verschmerzen lässt, da der jetzt regierende in sich die Charaktereigenschaften seines Vaters und Großvaters zu vereinen scheint. Die Aufgaben, die er sich gestellt, sind große und schwere und um so mehr bedarf Er der Unterstützung des Volkes und seiner Sympathien, um sie ihm zu erleichtern. Wir wollen ihm aber daher unser ganzes Vertrauen entgegenbringen und hoffen, dass alle seine Unternehmungen zum Heile des Vaterlandes gereichen mögen. Übrigens hat unser Kaiser Wilhelm 2. in der kurzen Zeit seiner bisherigen Regierung sich die Liebe und das volle Vertrauen aller seiner Untertanen in selten hohen Maße erworben, er hat durch seine Reisen an fast allen europäischen Fürstenhöfe uns das goldene Kleinod des Friedens zu erhalten gesucht und vermocht, und er ist zugleich ernstlich darauf bedacht gewesen unsere Kriegsmacht zu Wasser und zu Lande immer mehr zu stärken um jedem Feinde der es wagen möchte Deutschland anzugreifen, die Spitze bieten zu können. Lassen Sie uns daher den Gefühlen, welche uns heute beseelen, Ausdruck geben und stimmen Sie mit mir ein in den Ruf. Seine Majestät unser allergnädigster Kaiser und König, er lebe hoch.
In dieses Hoch auf den Kaiser stimmte die Festversammlung kräftig ein und sang dann den ersten Vers der Nationalhymne. Es folgten darauf die üblichen Hammerschläge. Die ersten drei Schläge tat Herr Amtmann Neuhaus dieselben mit folgendem Spruch.
Fest wie dieser Grundstein hier stehen wir alle in Treue und Liebe vereint, mit Gott für Kaiser und Reich. Den Schluß machte der Vorsitzende des Denkmal Komitees Herr Lonis Mühlhof der dabei folgende Worte sprach.
Gott zur Ehre. Unserem Herrscherhaus zum Dank. Unserer Gemeinde zur Zier stehe Kaiser Friedrich Denkmal allhier.
Während dieses feierlichen Schluss Aktes stand der Kriegerverein unter präsentierendem Gewehr und sandten die Böller ihren donnernden Gruß ins Tal hinab. Leider war die Feier vom Wetter nicht begünstigt, sie konnte aber wenigstens zu Ende geführt werden ohne daß der Regen, der erst beim Rückmarsch des Zuges ins Dorf sich einstellte die Festteilnehmer belästigte. Erwähnt sei noch,daß die von Seiten des Fest Komitees nach Schluss der Feier an Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich folgende Telegramm gesandt wurde.
Versammelt zur Feier der Grundsteinlegung, eines Denkmals für Kaiser Friedrich gedenken seiner hohen Gemahlin in tiefster Ehrfurcht die Eingesessenen der Gemeinde Dahl im Kreise Hagen.
- A. L. Mühlhof.
Ein großer Teil der Festteilnehmer versammelte sich später im Lokal der Witwe Grotesohn zu einem Commers der bis zum Schluss einen schönen gemütlichen Verlauf nahm.
Was ist nur aus dem wunderschönen Deutschland von einst geworden?